Das Meer als Ressource: „Bracenet“ verarbeitet Geisternetze

Das Hamburger Unternehmen „Bracenet“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, Geisternetze aus den Weltmeeren zu bergen und weiterzuverarbeiten. In ihrem Online Shop werden Armbänder, Schlüsselanhänger und noch viele weitere Produkte verkauft, die das Team in Handarbeit fertigt. Von den Erlösen gehen jedes Mal 10 Prozent an ihre ehrenamtliche Partnerorganisation „Healthy Seas“, die mithilfe freiwilliger Taucher die Geisternetze birgt.

Die Gründer: Madeleine und Benjamin von Bracenet. © Bracenet

Seit der Ideenfindung 2015 und eurem Unternehmen heute hat sich viel verändert. Wie war es für euch möglich, so ein großes Team aufzubauen?

Wir sind selber immer noch sprachlos, wenn wir sehen, was sich in den letzten Jahren getan hat und wie groß unser Team mittlerweile ist. 35 Mitarbeiter inklusive uns, das haben wir uns niemals so vorgestellt. Da uns die Frage schon häufiger gestellt wurde, wollen wir gerne ein paar Ratschläge und Tipps mitgeben, die bei uns dazu geführt haben, dass wir jetzt dort stehen, wo wir gerade sind. 

Jedes Projekt erfordert andere Wege. Aus unserer Erfahrung können wir aber ein paar Ratschläge geben, die helfen, das eigene Projekt zu hinterfragen und mit gutem Gewissen zu entwickeln:

1. Stellt den Zweck in den Vordergrund und erklärt offen, wie eure Lösung das jeweilige Problem angeht. Verbraucher*innen wollen euer Projekt verstehen und schätzen Authentizität und Transparenz.
2. Seid positiv: So motiviert und inspiriert ihr eure Community. Jeder gute Schritt ebnet weitere Wege, während der erhobene Zeigefinger und Schwarz-Weiß-Denken nur abschrecken.
3. Ihr seid nicht allein – andere arbeiten an den gleichen Themen. Durch Zusammenarbeit bündelt ihr eure Kräfte und könnt mehr erreichen und gleichzeitig eine bereits bestehende Gemeinschaft ansprechen.

Die Geisternetze zu bergen bedarf einiges an Arbeit. © Areti Kominou

Auf welche Probleme seid ihr zu Beginn eurer Reise gestoßen?

Die Reise zum Unternehmen war ein langer und nicht ganz hürdenloser Weg. Wir haben am Küchentisch nebenberuflich angefangen; Nachts und Mittags haben wir Anrufe gemacht, recherchiert und Produkttests durchgeführt, bis wir beides nicht mehr schaffen konnten. Wir haben angefangen uns mit der Wirtschaftlichen-, Politischen- und der Konsumentensicht zu beschäftigen, um alle Seiten verstehen zu können. Durch unser ehrliches Interesse und die Zusammenkunft mit Unternehmen, die wirklich etwas tun wollten – aber nicht wussten wie – wurden wir immer häufiger als Berater für nachhaltige Ideen angefragt. Nach dem Motto – tu Gutes und sprich darüber, aber tu auch wirklich Gutes!

Wer war euer erster Partner und wie konntet ihr ihn damals für euch gewinnen?

Unsere ersten Partner waren Healthy Seas und Ghost Diving. Healthy Seas ist eine Meeresschutzorganisation, die 2013 gegründet wurde, um Geisternetzen aktiv den Kampf anzusagen. Als wir nach unserer ersten Berührung mit Geisternetzen 2015 an der Küste Afrikas wieder in Deutschland waren, haben wir uns sofort an die Recherche gemacht. Vor fünf Jahren gab es bei Google nur sehr wenige Treffer und das Problem der Netze war noch unbekannt. So sind wir auf Healthy Seas aufmerksam geworden und haben sie direkt kontaktiert. Kurze Zeit später waren wir dann bei Veronika Mikos (Healthy Seas) und Pascal van Erp (Ghost Diving) in den Niederlanden, haben unsere Idee vorgestellt und eine tolle Partnerschaft ist entstanden. Diese Partnerschaft besteht bis heute.

Bracenet und ihr Partner Ghost Diving. © Bracenet

2019 wurdet ihr mit dem Green Product Award ausgezeichnet. Was sind eure Ziele für die Zukunft?

Unser Engagement reicht weit über die Geisternetze hinaus. Aktuell unterstützen wir in Zusammenarbeit mit dem Super Bowl das “Super Coral”-Projekt, bei dem durch den Verkauf von Bracenets über 500.000 Dollar für die Forschungsinsel Ocean Cay einfließen. Hier werden als Pionierprojekt Super Corals angesiedelt – Korallen, die besonders harte Konditionen und warme Temperaturen überleben können. Unser Erfolg und die Entwicklungen der letzten zwei Jahre zeigen, wie viel wir durch Zusammenarbeit erreichen können. Wir setzen alles daran, in den nächsten fünf Jahren Präventivmaßnahmen global durchzusetzen, Unterstützung für Fischereien zu gewährleisten und nicht nur die Netze zu bergen, sondern dafür zu sorgen, dass erst gar keine Netze mehr im Meer landen müssen.

Gibt es weitere Produktideen, von denen man schon erfahren könnte?

Es gibt eine Menge Ideen und unser Team ist ständig dabei, sich etwas Neues einfallen zu lassen. Demnächst kann man sich auf Ringe, Einkaufsnetze, Kamerabänder, Taschen und Schnürsenkel freuen. Eine eigene Körperpflege ist bereits in der Produktion, da wir einfach kein Produkt im Regal finden konnten, das für die breite Masse plastikfrei zugänglich war. Wir bleiben da hartnäckig und wollen keine 20 Prozent recycelten Materialien und damit Plastikgemische, die nicht recycelbar sind. Als Unternehmen wollen wir wissen, wo die Inhaltsstoffe her kommen und wer sie anbaut. Da wir eigenständig produzieren und keine Investoren auf Kohlen sitzen haben, darf es dann auch ruhig länger dauern.

Partner Nofir bei der Netzsuche. © Bracenet

Wie viele Produkte produziert ihr ungefähr aus einem Netz?

Das lässt sich so pauschal nicht beantworten. Manchmal haben wir Netze, die wiegen knapp eine halbe Tonne, dann wiederrum haben wir häufiger nur Netzflicken oder kleine Netzstücke. Deswegen ist auch jedes Produkt bei uns limitiert. Wenn das Netz komplett verarbeitet wurde, dann können wir nicht einfach so in der selben Farbe Nachschub produzieren. Netze zu Bracenets verarbeitet haben wir aktuell circa 4,3 Tonnen. Unser Ziel ist es aber nicht, aus allen Geisternetzen der Welt Bracenets zu fertigen – das würden wir bei der Menge gar nicht schaffen.

Das Ziel ist es, mit geilen aber einfachen Ideen Aufmerksamkeit zu erzeugen und an positiven Beispielen zu zeigen, dass Nachhaltigkeit auch Spaß machen kann.

Madeleine von Hohenthal, Bracenet
Schaut euch den Imagefilm von „Bracenet“ an und erfahrt noch mehr über ihre Mission!

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