„Emma“ — Jane Austen über Emanzipation und Bildung

Emma Woodhouse. Jane Austen habe einmal über sie gesagt, sie würde mit ihr eine Heldin schaffen, die keiner außer ihr besonders mögen wird. Damit hatte sie sich offenbar getäuscht; es folgten Übersetzungen in viele Sprachen, große Verkaufszahlen weltweit und einige Verfilmungen ihres bekannten Klassikers. Unter der Regie von Autumn de Wilde ist eine neue Verfilmung entstanden, welche seit Anfang März in den deutschen Kinos zu sehen ist.

Anna Taylor-Joy in der Hauptrolle als Emma. © Universal Pictures

„Emma“ ist im Jahr 1816 als Roman veröffentlicht worden und war damit Jane Austens letztes literarisches Werk, verfasst wenige Jahre vor ihrem frühen Tod. Vermutlich ist es auch das Bekannteste, denken viele bei Jane Austen sofort an die berühmte Emma Woodhouse. Einige vermuten sogar, dass Jane sich in ihrer letzten Romanheldin auf eine gewisse Art und Weise selbst portraitiert hat.

1775 in Hampshire geboren wuchs Jane in einer großen Familie auf, gut betucht und belesen. Nach dem Motto „Früh übt sich, wer ein Meister werden will“, verfasste sie als Jugendliche bereits erste literarische Werke, in denen sie sich mit der Gesellschaft auseinandersetzte. Die einzigen Abbilder, die von ihr heute existieren, sind zwei Zeichnungen angefertigt von einer ihrer Schwestern. Während ihrer Lebzeit veröffentlichte sie ihre Romane nie unter ihrem Namen und bewahrte sich somit (wenn auch unbewusst) eine gewisse Unnahbarkeit.

Wie ihre Schwester Beth heiratete sie nie und lebte stattdessen lieber mit ihrer Schwester und einer guten Freundin zusammen in einem Landhaus auf dem Anwesen ihres Bruders. Ihr Leben widmete sie ihrer Berufung und verfasste viele Werke, denen damals wie heute eine große Bedeutung in der englischsprachigen Literatur zugesprochen wird. Auch, wenn ihre Romanheldinnen am Ende zu heiraten pflegen, kommentiert und beschreibt sie gekonnt die Lebenslagen der jungen, ledigen Frauen der höheren Bildungsschicht im 19. Jahrhundert.

Freundschaft als wertvolles Gut

Romanheldin Emma ist 21 Jahre alt und lebt auf dem Anwesen ihres Vaters in Highbury. Sie ist weder verliebt, noch plant sie zu heiraten. Was sie jedoch gerne plant: die Hochzeiten anderer. Der erste Erfolg beflügelt sie und so dient ihr das neue Hobby als willkommener Zeitvertreib, zur Missgunst ihres Vaters und Familienfreundes Mr. Knightley. Im Gegensatz zu der jungen, unerfahrenen Harriet Smith strahlt sie eine niveauvolle Gelehrtheit aus. Die beiden jungen Frauen ergänzen sich in ihren unterschiedlichen Arten und bauen mit der Zeit eine innige Beziehung auf. In einem Gespräch mit John Knightley gibt Emma zu, dass sie Harriet für sich, und nicht mit einem Ehemann teilen möchte.

Im Gegensatz zu einer „klassischen“ Liebesgeschichte geht es in der Geschichte von Emma Woodhouse um zwischenmenschliche Beziehungen aller Art. Unterschiedliche Schichten der Gesellschaft, individuelle Lebensweisen und Ansichten, aber auch der Umgang miteinander wird behandelt. Eine „Coming-of-Age“-Geschichte der etwas anderen Art, die zeigt, auch in einer gehobenen Gesellschaft kann das Heranwachsen und die Integration schwerfallen.

Ein moderner Ansatz der Liebe

Emma ist emanzipiert; in ihrer Vorstellung hebt sie sich durch ihre Fähigkeiten und ihre Bildung von anderen ab. Selbstbewusstsein und ein gewisser Grad an Selbstverliebtheit gehen bei ihr ineinander über. Der einzige Mensch, der es wagt, sie zu kritisieren und den sie als ebenbürtig ansieht, ist John Knightley. Beide liefern sich oft heftige Wortgefechte und Diskussionen. Vielleicht ist das gerade dadurch möglich, dass weder Emma noch John zu Beginn offensichtliche Gefühle für einander hegen. Die Geschichte zeigt Emma als Frau mit Haltung, die für sich einstehen kann und sich nicht einschüchtern lässt. Die Liebesbeziehung zwischen den beiden ist eher subtil, am Ende hätte es nicht anders kommen können. Der romantische Liebesbeweis kommt nicht von seitens Emma; ihr zukünftiger Ehemann zieht ihr zuliebe zu ihr und ihrem Vater auf das Anwesen. Im Angesicht der Zeit eher unüblich und eine Geste, deren Bedeutung tiefer greift, als es auf den ersten Blick scheint. Das Ende von Jane Austens Geschichte ist gleichzeitig der Beginn einer modernen Ehe. Vielleicht ist es das, was Jane Austen gefehlt hatte, als sie 1802 einen Heiratsantrag des jüngeren Harrison Bigg Wither ablehnte.

Der Trailer zum neuen Film „Emma“.

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